Service Nerds SIAM Q&A

Was man über Service Integration and Management wissen muss.

Robert Sieber von den Service Nerds hat vor einigen Tagen mit Markus Müller, Mitgründer Blueponte, ein Interview zum Thema SIAM geführt. Hier können Sie das Interview nachhören, oder Sie lesen einfach weiter, um mehr in Form einer kurzen Zusammenfassung zu erfahren.

Welches Problem löst SIAM?

Mit SIAM will man die Vorteile, die man durch Multi-Sourcing hat – also Best of Breed, von jedem Hersteller, dank seiner Spezialisierung, das Beste zu bekommen – mit der Einfachheit von Single-Sourcing kombinieren. Die Leistungserbringung in Richtung Kunde soll einfach aussehen. Auch wenn ein komplexes Netzwerk an Dienstleistern gesteuert werden muss, sollte die Komplexität und teils auch die Kompliziertheit vor dem Kunden verborgen werden. Ziel ist es, die ganze Wertschöpfungskette kundenorientiert auszurichten.

Dazu wird ein externer Service Integrator eingesetzt. Dieser muss unabhängig von einzelnen Providern agieren. Wenn das gleiche Unternehmen als Integrator, gleichzeitig auch als Service Provider auftritt, dann kann das zu einem Zielkonflikt führen. Mehr zum Thema Service Integrator.

Wie löst SIAM die Probleme des Multi-Sourcings?

In einem SIAM Ökosystem gibt es eine Vielzahl von vertraglichen und informellen Beziehungen. Hier setzt SIAM an. Es geht um die Vereinbarungen der Interaktion in dem Beziehungsdreieck zwischen Kunden, Integrator und Service Provider. Dazu kommen die Interaktionen zwischen den einzelnen Service Providern. Entscheidend ist letztendlich die Zufriedenheit der Kundenorganisation mit der Service Performance. Aber auch das Thema der Verrechnung von Services hat erhebliche Bedeutung. Hierfür müssen in vielen technisch versierten Organisationen oft erst die Kompetenzen entwickelt werden. Jene Kompetenzen, die den Service Integrator ausmachen. Das Vorhandensein des Service Integrators ist eine Voraussetzung für SIAM.

Die Ursachen, dass das Vereinbarte nicht erbracht wird, haben oft ihren Ursprung in fehlender Rollenklarheit. Hier hat der Service Integrator eine moderierende Funktion. Insbesondere sogenanntes „Fingerpointing“ muss adressiert und vermieden werden.

Was ist die Rolle des Service Integrators?

Eine entscheidende Fähigkeit des Integrators ist es, die Komplexität aus der Wertschöpfungskette herauszunehmen, aber dennoch jene Information zur Orientierung anzubieten, die Entscheidungen ermöglichen. Dies kann auf operativer oder taktischer Ebene erfolgen. Als Beispiel könnte das Incident Management bei einem verteilten WAN Service dienen, das für unterschiedliche Komponenten und je Land mit unterschiedlichen Partnern erbracht wird. Die Anwendung von SIAM Praktiken leistet hier einen wesentlichen Beitrag die Komplexität zu reduzieren, und die Durchgängigkeit der Leistungserbringung sicherzustellen.

Ein weiterer wesentlicher Punkt den SIAM adressiert ist eine Dynamik, die von Beginn an Outsourcing begleitet hat. Meistens beginnt eine Kundenorganisation über die Laufzeit hinweg nicht vertragskonform erbrachte Leistungen des Service Providers zu subsituieren, egal ob dies bewusst oder unbewusst geschieht. Service Provider verlassen sich allmählich darauf, weil sie aus der Erfahrung wissen, dass es ohnehin noch eine Instanz gibt, die einspringt. Dies kann beispielsweise beim Auslaufen von Servicelevels oder bei der Qualität einer Ursachenanalyse im Problem Management auftreten. Eine Lösung bietet die konsequente Arbeit auf der Prozess- und Service-Ebene und nicht auf Ebene von operativen Aufgaben und Backlogs. Es erfordert allerdings ein anderes Mindset und andere Kompetenzen. Kurzfristig kann die Substitution Abhilfe schaffen dem Kundendruck zu begegnen. Langfristig stellt es sich jedoch oft als Falle heraus, wenn man dem Serviceprovider unter die Arme greift und das zur Regel wird. So einfach dies in der Theorie klingt, so schwierig sind die Entscheidungen in der Praxis zu treffen, weil dadurch auch die Eskalation durch Geschäftsbereiche riskiert wird.

Mit anderen Worten, zu ausgeprägte Technikorientierung ist für einen Service Integrator eher hinderlich. Das Recruiting für Mitarbeiter des Service Integrators muss darauf Augenmerk legen und nach einem Service Integrator spezifischen Skill-Profil suchen.

Wo liegt der Mehrwert eines Services Integrators?

Einig ist man sich bei der Frage, wo der Wertbeitrag des Service Integrators liegt. Es ist nicht das Incident Handling, sondern das Sicherstellen der Kommunikation zwischen den Akteuren.

Die Zielsetzung von SIAM ist es, unterschiedliche Typen von Service Providern mit unterschiedlichen Reifegraden so zu koordinieren, dass sich die Services ergänzen und zu einem Business Service zusammenführen lassen.

Die provokante These im Interview, wonach die wenigsten Provider tatsächlich Services liefern können, kann aus Kundensicht kaum widersprochen werden. Der Perspektivenwechsel hin zum Service Provider zeigt unserer Erfahrung nach aber auch, dass durch die Abhängigkeiten zum Kunden und die oft fehlende Transparenz, die Serviceerbringung blockiert wird. Genau hier ist der Service Integrator als neutraler Vermittler gefordert. Andererseits wird festgehalten, dass SIAM ohne etabliertem Service Management keine gute Idee ist. SIAM baut auf Service Management auf und geht den nächsten Schritt, weg vom einzelnen Leistungserbringer, hin zu einem Netzwerk an Providern. SIAM kann auch als eine spezifische Weiterentwicklung von Service Management für Cloud Computing Anwendung finden.

Lassen sich denn die großen Cloud Anbieter von einem, vergleichsweise kleinen, Unternehmen steuern? Wohl kaum. Aber mit SIAM wird eine andere Haltung gegenüber dem Cloud Anbieter eingenommen. Die Unterscheidung, ob der Partner als ‚High Trust‘ oder ‚Low Trust‘ Partner gesehen wird, ist entscheidend in der Frage wie er in das SIAM Ökosystem eingebunden wird. Einen großen Cloud Provider wird man wohl als ‚High Trust‘ Partner einstufen und darauf vertrauen, dass dieser seine Prozesse im Griff hat. Hingegen wird man klassische Outsourcing Partner mit unterschiedlichen Shoring-Varianten eher als Low Trust einstufen.

Im Interview wurde zunächst die These vertreten, dass SIAM sich vielleicht in einer fernen Zukunft, in der es ausschließlich Cloud Services gibt, obsolet macht. Allerdings wurde dies im Zuge der Diskussion als extremes und eher theoretisches Szenario gesehen, da wir in der IT auf unbestimmte Zeit immer mit einer Mischform zu tun haben werden. Viele Grundlagen von SIAM sind nicht neu und sind bekanntes und erprobtes Wissen und Praktiken, die sich bewährt haben.

Gute Integratoren wissen, dass es nicht um die rein technische Integration geht, sondern um den Prozess des aneinander Annäherns zwischen den Service Providern. Zu Beginn steht immer Beziehungsunsicherheit und es geht um das Vertrauen, das aufgebaut werden muss, um das Wir-Gefühl entstehen zu lassen. Es geht im Kern überhaupt um Vertrauen, denn das ist der Kit, der jede Organisation und jede Gesellschaft zusammenhält.

Deshalb gilt für uns bei Blueponte: „Bringing Trust To IT-Sourcing“

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